Über OUDBDas Projekt „Ob-Ugrische Datenbanken: Analysierte Korpora und Wörterbücher kaum beschriebener ob-ugrischer Dialekte“ ist das Nachfolgeprojekt von OUL. Es wurde am 1. Juli 2014 ins Leben gerufen und läuft bis 30. Juni 2017. Es wird von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) und dem FWF (Österreichischer Wissenschaftsfond) finanziert. Ziel dieses Projektes ist es, die Forschungsarbeit, die in EUROBABEL begonnen wurde, fortzusetzen und durch die Systematisierung, Digitalisierung und Analyse zweier weiterer ob-ugrischer Dialekte, die online zur Verfügung gestellt werden sollen, auszudehnen. Es sollen das Westmansische (in den Varietäten von Pelym, Nordvagilsk, Mittlere und Untere Lozva) sowie das Jugan-Chantische behandelt werden. Das West-Mansische ist bereits ausgestorben und es ist nur noch Textmaterial aus dem 19. Jahrhundert verfügbar, das Jugan-Chantische hingegen ist bedroht und wurde bislang noch nicht als eigenständiger Subdialekt des (östlichen) Surgut-Chantischen beschrieben. Das jugan-chantische Team beschäftigt sich nicht nur mit den aktuellen Feldforschungsmaterialien, sondern auch mit Texten aus der Sammlung von Heikki Paasonen’s vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Innerhalb der drei Projektjahre werden zwei neue Datenbankmodule für die zwei weniger beschriebenen Dialekte erstellt und in das bereits bestehende virtuelle Forschungsumfeld eingebunden. Entsprechend der Parameter von OUL wird die Beschreibung und Analyse folgende Teilbereiche umfassen: (a) eine phonologische Analyse in Form von IPA (anstelle der traditionellen idiosynkratischen Transkriptionssysteme), (b) eine Definition der morphologischen Kategorien und der Allomorphe in den Dialekten sowie Paradigmata. Die Ergebnisse sollen in (c) grammatische Beschreibungen dargestellt werden, und umfassen (d) grammatisch analysierte und (e) in allgemein bekannte Metasprachen (Englisch, teilweise Deutsch) übersetzte Texte. Bei einigen der Texten wurden außerdem (f) die funktionalen, semantischen und pragmatischen Rollen halb-automatisch annotiert. Die Feldforschungen am Jugan lieferten Bildmaterial für das Feldforschungsarchiv.
Mithilfe der Systematisierung von phonologischen und morphologischen Kategorien der untersuchten Dialekte werden die Beschreibungsmöglichkeiten sowohl erweitert als auch angepasst. Dies führt zu einer genaueren Beschreibung der grammatischen Kategorien der ob-ugrischen Dialekte; das System der Glossierungsprinzipien und -symbole (Abkürzungen) wird überarbeitet und erweitert. Außerdem wird durch die Einbindung der neuen Dialekte die Anzahl der dialektologischen Wörterbücher/Konkordanzen auf der Basis des Textkorpus erhöht, wobei alle verfügbaren lexikographischen Quellen und Interviews mit Informanten beachtet werden.
Die Benutzeroberfläche der bereits bestehenden Datenbank wurde mit weiteren Filteroptionen im Lexikon und bei Suchanfragen in den glossierten Texten in der Konkordanz erweitert. Sowohl das gesamte Wörterbuch als auch das gesamte Korpus wurden durch neue Such- und Exportfunktionen erweitert. Der Wert der Datenbank steigt durch die zusätzlichen Filteroptionen, mit denen die Suche nach Wortarten, Morphemtypen, komplexen Formen, Allomorphen, dialektalen und Schreibvarianten möglich ist, stark an. Ein solches Filtersystem ist die Basis für eine statistische Erfassung des Korpus, eine Grundvoraussetzung für korpus-linguistische Arbeiten in den ob-ugrischen Sprachen. Für das Jugan-Chantische, der einzige im Projekt behandelte Dialekt, der noch gesprochen wird, sollen zusätzliche Texte bei der Feldforschung aufgenommen werden. Mit Zustimmung der Sprecher ergänzen diese Audioaufnahmen durch phonetisches Tagging im Annotationsprogramm ELAN die jugan-chantische Datenbank. Auf diese Art können die phonetischen Merkmale des Jugan-Chantischen detaillierter beschrieben werden und morpho-phonologische Regeln festgestellt werden. Eine kontrastive Untersuchung des Jugan- und des eigentlichen Surgut-Chantischen wird zeigen, ob die Klassifizierung des Jugan-Chantischen als eigenständiger Dialekt gerechtfertigt ist. Des Weiteren wird die funktionale und pragmatische Analyse auf Basis der Prinzipien der Textkonstruktion umfassende linguistische Informationen liefern. Die Prinzipien und Menge an Kategorien für eine syntaktische, semantische und informationsstrukturelle Analyse (IS) wurden im Projekt OUL entwickelt und an einigen Texten im Korpus getestet. Es ist eines der Forschungsdesiderata, eine technische Realisierung dieses differenzierten Annotationssystems in unser Korpus zu implementieren. Ergebnis ist eine (semi)automatische Annotation der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Rollen, sowie ein manuelles Tagging der Referenten. Dadurch kann die Datenbank Auskunft zu spezifischen Funktionen der morphologischen Kategorien im Textkorpus geben.
|